Presse


Gauner, Ganoven und Kleinkriminelle treffen sich im Atrium des Schenk-von-Limpurg-Gymnasiums in Gaildorf. Die Theater-AG der Oberstufe zeigt Dario Fos „Oper vom großen Hohngelächter“.

Alle Akteure spielen auf hohem Niveau und mit viel Elan. Sie singen und tanzen und bieten ihrem Publikum einen genussvollen Abend. So geschehen am Freitag und Sonntag im Atrium des Gaildorfer Gymnasiums – und morgen gibt es eine dritte Vorstellung: Die Theater-AG der Oberstufe wagte sich an „Die Oper vom großen Hohngelächter“ von Dario Fo.

Gauner ist nicht gleich Gauner. Diejenigen, die Geschäfte machen, tragen Melone und Spazierstock. Die in der „Szene“ Rockerkluft, die in Behörden sitzen, Uniform, aber auch mal Anzug und Orden. Ihnen allen gemein: Sie beugen das Recht, wo es nur geht. Und selbst wenn sie gegeneinander intrigieren, so bleiben sie doch stets voneinander abhängig. Die Schülerinnen und Schüler machen das Atrium ihres Gymnasiums zum Ganoventreff.
Im Zentrum: der Gangsterboss Mackie Messer. Er hat Polly, einzige Tochter der Gebrüder Peachum, heimlich geheiratet. Das versetzt Pollys Mutter und die Peachums – die Gattin und Tochter teilen – in Zorn. Daher wollen sie Mackie der Polizei ausliefern. Zwei Bordelldamen, auch Mackies Freundinnen, werden hierfür von ihnen bestochen. Der Polizeipräsident, ehemals selbst Ganove, kann die Festnahme nicht verhindern.

Dario Fo machte daraus die „Oper vom großen Hohngelächter“. Er übertrug die Handlung, die auch Bert Brecht für seine Dreigroschenoper verarbeitete, in die 1980er- Jahre. Die Schüler modernisierten es erneut. In ihren Dialogen kommen daher Terroristen, Afghanistan, die politische Macht von „Mutti Merkel“ und Wladimir Putin zur Sprache. Stets in Frack, Melone und mit Gehstock, stolzieren Juliane Weller und Julia Dargel als Jeremy und Jonathan über die Bühne. Den unter dem Hemd dick gestopften Wohlstandsbauch immer ein wenig nach vorne schiebend, macht Dargel klar, dass sie als Jonathan kein Pardon kennt – weder mit Drogenjunkies, die Arbeit suchen, noch mit dem unliebsamen Schwiegersohn. So fragt er Polly: „Sag mal, hast du schon mal überlegt, wie viel wir kriegen, wenn dein Mackie stirbt?“ Denn natürlich möchte er, dass seine Tochter wenigstens reiche Witwe wird.

Aber als seine Gattin, großartig gespielt von Darlene Postic, den beiden Herren vorschlägt, die eigene Tochter, „der man immer so viel geboten“ habe, „umzulegen“, entgegnet Jonathan: „Am Tod eines Familienmitglieds ist nichts verdient.“ Juliane Weller spielt sehr überzeugend den kühlen Jeremy, der keine Emotionen erkennen lässt. Anders hingegen Gangsterkönig und Frauenheld Mackie Messer. Er lacht, liebt und küsst, was die Damenwelt zu weichen Knie zwingt. Johannes Alber verkörpert einen wunderbar klischeehaften Macho, der selbst aus der Gefängniszelle noch mit Ehefrau, Ex-Geliebter und zwei Bordelldamen parallel telefonieren kann, ohne dabei die Kontrolle zu verlieren. Alica Schneider mimt die naive Polly, die sich stets wie ein nörgelndes Kind verhält. „Määä-häääck, das ist aber nicht romantisch“, quäkt sie mehrmals während der improvisierten „Hochzeit“, für die Mackie eine Fabrikhalle gewählt hatte. Gespeist wird auf Papptellern. „Määä-häääck, das ist nicht romantisch. Fehlt nur noch, dass die Bouletten auch aus Plastik sind!“

Einzige Gäste der Feier: Seine vier Assistenten für besondere Aufgaben. Mit zwei Maschinengewehren und einem Baseballschläger im Anschlag, versuchen diese Helden im weißen Smoking und mit schwarzem Hut stets furchteinflößend zu wirken. Durch ihre tollpatschige Art sind sie überaus unterhaltsam. Berfin Cervine und Salome Wecks – beide mit übergroßen Gewehren ausgestattet – geben sich ausdrucksstark in Mimik und Gestik ihrer Rolle hin. Sie staunen, lachen und grübeln wie zwei Clowns mit langjähriger Bühnenerfahrung. Und haben sichtlich Spaß dabei. Zum Szenenwechsel gibt es jeweils Gesangseinlagen – und zwar von den Schauspielerinnen und Schauspielern. Die Mitwirkenden beweisen einen Abend lang, dass sie beides beherrschen: Schauspiel und Gesang. Denn zu den Szenenwechseln geben sie Lieder zum Besten, die Komponistin Susanne Hinkelbein 1981 zu Fos Stück vertont hatte. Eine nicht immer einfache Herausforderung an die jungen Künstler. Die musikalische Leitung hat Musiklehrer Vincent Eissing-Boyny. Mit Schlagzeug, Gitarre und Klarinette begleiten zudem Florian Brandt, Florian Michaelis und Michaela Brandt. „Ich habe schon viele gute Stücke in unserem Atrium gesehen, aber das hier war ein ganz besonderes“, lobt Schulleiter Jürgen Riehle. Der Applaus zeigt, dass er auf breite Zustimmung stößt.

von Karena Häfner

mit freundlicher Genehmigung der Gaildorfer Rundschau