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Lustig zappelnde Marionetten

Gaildorf hat eine weitere Spielhalle – zumindest vorübergehend. Sie steht im Atrium des Schenk-von-Limpurg-Gymnasiums: Keine Sorge, die Spielplätze sind alle an die Mitwirkenden der Theater AG des Gymnasiums vergeben, die dort Carlo Goldonis „Das Kaffeehaus“ inszenieren.

Gaildorf hat eine weitere Spielhalle – zumindest vorübergehend. Sie steht im Atrium des Schenk-von-Limpurg-Gymnasiums: Keine Sorge, die Spielplätze sind alle an die Mitwirkenden der Theater AG des Gymnasiums vergeben, die dort Carlo Goldonis „Das Kaffeehaus“ inszenieren.

Am Freitag war Premierenabend zu dem Stück, das Goldoni ursprünglich als „Commedia dellarte“ verfasste, eine Art Improvisationstheater, bei dem die Darsteller in einem feststehenden Handlungsrahmen frei agieren. Diesen nutzte das Theaterensemble und führte das Kaffeehaus in einer freien Bearbeitung auf.

Rollen, die nicht entsprechend Goldonis Urfassung geschlechtsspezifisch besetzt werden konnten, wurden kurzerhand sowohl im Namen wie in der Kostümierung angepasst. Das Kaffeehaus auf einer Piazza Venedigs hieß dann einfach „Ridolfa“, weil die Besitzerin eine Dame ist.

Neben dem Kaffeehaus dann das Spielcasino. Keine Frage, dass hier Welten aufeinanderprallen – im 18. Jahrhundert, als Goldoni das Stück schrieb, genauso wie heute. Das illustre Treiben aus Missgunst, Geschwätzigkeit, Liebe und Eifersucht auf der Bühne wurde von den Protagonisten charakterstark, verbunden mit einem Schuss Komik, vorgestellt. Die Komik wurde in der Inszenierung durch die Auftritte einer Touristengruppe unterstrichen, wie sie nicht besser ins Urlauberklischee hätte passen können.

Den Gipfel der Improvisation der tollpatschig zerstreute Reiseführer mit seiner Gruppe, der die dramatische Handlung des Stücks unterbrach und diese Einspielung mit beinahe Hallervorderschen Comedy überzeichnete. Mehr als einmal brach das Publikum – allein durch seine Auftritte – in Lachsalven aus. Wer betrügen, andere über den Tisch ziehen wollte und für ein Durcheinander der Missverständnisse sorgte, das war die intrigante Donna Marzia, die handelnde Personen wie Marionetten an ihren Fäden zappeln ließ, bis sie schließlich mit Schimpf und Schande davongejagt wurde.

Dem gesamten Ensemble der Theater AG gebührt Anerkennung für die Annahme der Herausforderung einer solchen Aufführung, die Konzentration und Ausdauer in besonderem Maße beansprucht. Vielleicht ging dadurch das südländische Temperament des „dolce Vita“ etwas unter – bei einer anspannenden Premierenvorstellung ist das allerdings verständlich. Der symbolhafte Auftritt eines Straßenkehrers am Anfang und Ende des Stücks, der mit Übereifer die Piazza fegte, kann frei interpretiert werden: Die Bühne frei für lasterhafte Umgänge. Was am Schluss der Vorstellung so gedeutet werden kann: Alles zurück auf Anfang! Der alltäglich Wahnsinn kann wieder beginnen. Den konnte man sich bei einer weiteren Aufführung am Sonntagabend zu Gemüte führen.

Pressebericht mir freundlicher Genehmigung der Rundschau